LADINA WALDER

Ausgangspunkt von Ladina Walder künstlerischem Ansatz ist eine radikale Frage: Können Gefühle – diese flüchtigen, zutiefst menschlichen Dimensionen – nicht nur beschrieben, sondern tatsächlich simuliert werden? Ihr Werk versteht sich als Erkundung der Grenze zwischen menschlicher Empfindung und maschineller Logik.

Das Gehin versteht Walder nicht nur als blosses Rechen- zentrum, sondern als lebendiges Geflecht von Affekten, Erinnerungen und Projektionen – eine unermüdliche Simulationsmaschine. Denken wird hier nicht als kalte Berechnung sichtbar, sondern als organische, zutiefst emotionale Konstruktion. Simulation ist für Walder kein technischer Vorgang, sondern eine existenzielle Bewegung: Bewusstsein als permanenter Prozess von Erfinden, Empfinden und innerer Resonanz.

Am Anfang steht das Wort. Ein Fragment, ein Satz, intuitiv, offen. In die Maschine eingespeist, kehrt er zurück als Variation, als Monolog eines künstlichen Selbst. Was zählt, ist nicht die Botschaft, sondern das Echo: die Resonanz, die sich im Inneren des Betrachtenden regt. Die Maschine wird zum Spiegel – nicht, um zu erklären, sondern um Schwingungen freizulegen.

Von hier aus wandert der Text in den Körper. Worte werden zu Rhythmus, zum Mantra, das Atem und Bewegung formt. Auf der Leinwand materialisiert sich Resonanz: Linien als Spuren, Farben als Temperatur der Gefühle, Oberflächen als Widerstand der Sprache. Das Bild entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Hingabe – weniger Gestaltung als ein Zulassen von Strömungen.

Im zweiten Schritt bindet Walder die Künstliche Intelligenz erneut in den kreativen Prozess ein.. Diesmal reagiert sie nicht auf Sprache, sondern auf Malerei. Sie erzeugt visuelle Fragmente, Einschlüsse einer künstlichen Innerlichkeit. Diese Fragmente werden nicht dekorativ integriert, sondern als Störung, als Fremdgedanke, der den Prozess durchkreuzt. Mit Garnfäden, über die Leinwand gespannt, verwebt Walder diese maschinischen Splitter in das Bild – verbindend und zugleich zerschneidend.

So entsteht ein Spannungsraum zwischen drei Kräften: der körperlichen Spur, der maschinischen Vorstellungskraft und dem Gewebe der Fäden. Das Werk wird zur Manifestation eines künstlichen Selbst – ambivalent, widersprüchlich, lebendig. In dieser Praxis zeigt sich Simulation nicht als Nachahmung, sondern als existenzieller Dialog: ein Aufeinandertreffen von menschlicher Emotion und maschinischer Projektion, das neue Formen des Bewusstseins und der Resonanz eröffnet.

FOTOS: Alexandros Nicolaides © 2025


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