Sabine Zenger erforscht in ihrer Arbeit die Vielschichtigkeit von Zeit – ihr Erleben, Erinnern und Vergehen. Was in früheren Projekten wie Chronos Kairos (2014) begann, setzt sich in ihrer aktuellen Arbeit endlich! fort. Ausgangspunkt sind die Spuren, die Menschen unbewusst hinterlassen: Fettabdrücke auf Fensterscheiben öffentlicher Verkehrsmittel, entstanden im Warten, Träumen oder Schlafen. Flüchtige Zeichen von Dasein – jenseits von Rollen, jenseits von Funktion.
Diese Spuren werden gesammelt, konserviert und in einem fortlaufenden „Infinitar" immer.verzeichnet – einem Archiv, das kein Ende kennt. Die Arbeit stellt Fragen nach dem Verhältnis von individueller Lebenszeit und der unermesslichen Dauer des Universums: Bedeutung und Bedeutungslosigkeit, das Spannungsfeld von „alles“ und „nichts“. Ohne mich kein Universum, ohne Universum kein Ich.
Das Infinitar ist kein klassisches Archiv, sondern ein poetischer Gegenentwurf. Es hält nicht das Festgeschriebene fest, sondern bewahrt das Flüchtige – ein Versuch, das Nicht-Erfassbare sichtbar zu machen. Jede Präsentation zeigt sich anders, prozesshaft, nie abgeschlossen.
Auch frühere Arbeiten wie ex|is|tier|en (2016) und Chronos Kairos (2014) kreisen um diese Fragen. Sie untersuchen, was es bedeutet, zu sein, und wie sich Gegenwart zwischen Erinnerung und Erwartung entfaltet. Zenger verwebt dabei persönliche Erfahrungen mit philosophischen Perspektiven – etwa Henri Bergsons Theorie der „durée“ als subjektivem Strom gelebter Zeit.
So entsteht ein Werk, das Zeit nicht linear versteht, sondern als vielschichtige Erfahrung: offen, fragmentarisch, im Wandel.
Alexandros Nicolaides © 2025